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Wie geht eigentlich Krisen-PR, wenn alle in der Krise sind?

Veröffentlicht am 08.04.2020

Vom Erzählen in der Krise

 

Klassische Krisenkommunikation geht bekanntlich so: Das normale Wirtschaftsleben läuft – nur in der eigenen Firma hakt es plötzlich oder schon seit längerem. Also schaltet man in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in den Krisenmodus, um Gemüter zu besänftigen, Kunden und die eigene Mannschaft zu überzeugen und neues Vertrauen herzustellen.  

Wie aber soll Krisen-PR funktionieren, wenn praktisch die komplette Wirtschaft am Boden liegt? Vor allem: Muss es diese spezielle Form der Kommunikation dann überhaupt geben? Einige PR-Agenturen melden bereits großspurig erhöhte Auftragszahlen und reden von „Geboten der Stunde“, anzugleichenden Marketingmaßnahmen, Solidaritätsbekundungen.

Also heißt es „Wir sind weiter für euch da“, „Bleibt zu Hause“, „Wir arbeiten weiter“, „Wir sind bald zurück“. Einige haben gleich in den Sturmmodus geschaltet und bitten um Spenden, damit sie nicht untergehen. Inwiefern machen Spendenaufrufe aber Sinn, wenn alles um einen herum ebenfalls nach Spenden und Hilfen ruft?!

Was also tun, wenn man als Firma Angst hat, in Vergessenheit zu geraten oder allzu große Löcher im Budget nicht ausgleichen zu können? So, wie viele Menschen derzeit nur sich selbst oder ihre engste Familie leibhaftig treffen können, geht es im Grunde auch den Firmen. Die Chefin oder der Chef allein zu Haus – da wird das verwaiste Büro im schlimmsten Fall zur Gummizelle, im besten Fall zum Think Tank für die Zukunft. Gibt es ein „Weiter so“ oder doch ein anderes, neues, womöglich digitales Geschäftsmodell?

Das „Krisenmanagement“ in der Corona-Krise muss also zunächst intern greifen, bevor es extern wieder Vertrauen in erprobte Produkte, Marken und Dienstleistungen herstellt. Vor allem die Firmen, die ihre Kund*innen für längere Zeit eng nebeneinander stehen oder sitzen lassen, werden noch viele Monate Geduld und Kräfte aufwenden müssen. Einen erheblichen Teil ihrer Krisen-PR wird die Wissenschaft mit nüchternen Erkenntnissen zur Übertragbarkeit oder auch Behandlung und Vorbeugung der Virus-Infektion übernehmen.

So, wie eine Firma in persönlichen Krisenzeiten von allem sprechen darf, nur nicht von ihrem Produkt, so darf sie in dieser globalen Krise durchaus ihre Ideen und eben auch ihr Produkt zum Thema der Kommunikation machen. Angesichts der vielen Opfer und Toten der Corona-Krise darf man sich als einzelner Mensch oder einzelne Firma ruhig etwas kleiner machen und bescheiden darstellen, was man so tut oder auch herstellt. Warum dabei nicht auch auf den Glücksmoment hinweisen, den die eigene Arbeit oder das eigene Dasein im besten Fall beschert?

Die Neugier aufs Leben und die Freude, leibhaftig in das Gesicht eines anderen Menschen sehen zu können, werden alle Einsamkeit und alle Krisen überstehen.

(Rüdiger Schmidt-Sodingen)