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"Kein Kommentar"? Die Zeiten sind vorbei

Veröffentlicht am 28.02.2018

Emotionale Botschaften wagen

Es war jahrelang die Lieblingsantwort von Politikern, wenn sie unerwartet auf der Straße oder am Telefon auf ein brisantes Thema angesprochen wurden. „Kein Kommentar!“ Und so fielen diese zwei Worte neulich auch reihenweise, als ein Reporter der Zeitung mit den vier Buchstaben mehrere männliche Schauspieler um ihre Meinung zum Fall Dieter Wedel bat. Alle angefragten Mimen hatten unter dem TV-Regisseur große Erfolge gefeiert und wollten sich nun zu den Anschuldigungen gegen Wedel wegen sexuellen Missbrauchs offenbar nicht äußern. „Kein Kommentar!“ hieß es also unisono. Und damit wurden die Schauspieler natürlich auch groß zitiert.

Nun muss man sich fragen, ob dieses „Kein Kommentar“ noch zeitgemäß ist. Sicher muss man nicht zu jedem Thema etwas sagen oder ein Statement abgeben. Aber wenn es andererseits darum geht, Stellung zu beziehen, kann das Ziehen des „Ich sag nix“-Jokers die schlechteste Wahl sein.
Bleiben wir beim Fall Dieter Wedel und der Anfrage durch die Zeitung. Zunächst sollte man sich als öffentliche Person fragen: Zu was genau soll ich mich äußern? Im Fall Wedel ist die Sache nicht so einfach. Auf den ersten Blick scheint der Reporter wissen zu wollen, ob einem am Set etwas zu Dieter Wedels Verhalten gegenüber Frauen aufgefallen ist. Scheinbar geht es also um eine weitere Verurteilung Wedels, möglichst profund durch einen seiner großen Stars. Erst auf den zweiten Blick, wenn man etwas tiefer geht, offenbart sich die eigentliche Fragestellung: Was halten Sie vom Vorwurf der sexuellen Nötigung oder gar Vergewaltigung durch einen berühmten Regisseur, mit dem Sie ja mehrfach zusammengearbeitet haben?
Kann man auf diese zweite Frage wirklich mit „Kein Kommentar“ antworten? Gerade auch als in der Öffentlichkeit stehender, prominenter Schauspieler?

Sollte man nicht vielmehr ein Statement abgeben, dass sich gegen ein eindeutig schlechtes Verhalten positioniert und Solidarität mit Kolleginnen zeigt? Ja, das sollte man. Und so wäre das richtige Statement eines wirklich großen Schauspielers gewesen: „Die Vorwürfe machen mich betroffen. Ich verurteile jedwede Gewalt und jeden Machtmissbrauch gegen eine andere Person. Sollten die an die Öffentlichkeit gegangenen Frauen Recht haben und von Dieter Wedel belästigt oder gar missbraucht worden sein, gilt ihnen mein ganzes Mitgefühl. Ich distanziere mich von Dieter Wedel, mit dem ich mehrfach zusammengearbeitet habe, sollten diese Vorwürfe zutreffen. Nichts kann Gewalt gegen einen Menschen entschuldigen.“

Eine solche Antwort hat übrigens nicht unbedingt etwas mit Political Correctness zu tun, sondern eher mit Emotional Correctness. Wer eine solche emotionale Botschaft wagt, gerade als Vertreter eines Berufes, in dem es primär um Emotionen geht, gewährt und gewinnt Solidarität. Und Solidarität und Einfühlungsvermögen sind genau das Ziel jeder guten Kommunikation.

(Rüdiger Schmidt-Sodingen)

Say the Right Thing - Erfolgreiche Krisenkommunikation